Dr. Tim Breitbarth hält einen PhD in Marketing von der University of Otago und einen M.A. Sozial- und Kommunikationswissenschaften von der Göttingen Universität. Er war Gastprofessor und Gastwissenschaftler an Universitäten weltweit, von der University of Otago in Neuseeland bis zur Universität zu Koeln. Er ist Scientific Chair der European Association for Sport Management.
Dr. Breitbarth ist Teil des Organisationsteams des 4. Deutschen CSR-Kommunikationskongresses.
Sie haben schon in einer Reihe von Ländern gearbeitet und hatten damit immer die Möglichkeit von außen auf Deutschland zu schauen. Was fällt dabei (im Vergleich zu Neuseeland, Australien oder England) besonders im Hinblick auf die CSR-Kommunikation auf?
Über Jahre und insbesondere zu Beginn der modernen CSR vor etwa 20 Jahren war eine explizitere und konkretere Kommunikation in markliberal-geprägten Ländern wie Großbritannien zu beobachten. Kommunikation war pragmatischer und wurde als intrinsischer Teil der Organisation und Umsetzung eigener Aktivitäten gesehen. Das unternehmerische und Großteils auch gesellschaftliche und politische Umfeld hat dies akzeptiert. Deutschland ist da kritischer und zum Beispiel haben meine eigene Forschung gezeigt, dass der Skeptizismus gegenüber organisatorischen CSR-Botschaften hierzulande größer ist als in westlichen europäischen Nachbarländern und der USA.
Wenn Sie sich den Anteil der CSR-Kommunikation an der gesamten Unternehmens- und Markenkommunikation anschauen: wie zufrieden sind Sie mit Qualität und Quantität?
Eine vergleichsweise Stärke des deutschen Umfeldes ist, sich auf Diskussionen einzulassen und Balancen zu wahren. Dass kommt aktivitätsinterner Kommunikation und dem sektorübergreifenden Partnerschaftsmanagement zugute. Ansonsten hängt eine Antwort meiner Ansicht nach davon ab, welche Rolle und welchen Stellenwert CSR und Nachhaltigkeit in einem Unternehmen haben. Die interne Bedeutung von Kommunikation und ihre extern wahrgenommene Wichtigkeit und Wahrhaftigkeit hängt zum guten Teil am Tropf der Substanz, die den hinterlegten Inhalten der Kommunikation im gesamten Unternehmenshandeln fortlaufend gegeben wird. Ich überrasche sicherlich nicht mit der Aussage, dass in dieser substantiellen Hinsicht bei weiten Teilen der Wirtschaft noch Luft nach Oben ist.
Was können aus Ihrer Sicht die CSR-Kommunikatoren und CSR-Manager in den Unternehmen verbessern, um einen stärkeren Einfluss auf Produkt- und Geschäftsmodellentscheidungen zu bekommen?
Aus Sicht derer, die sich weitreichender global-gelebter Nachhaltigkeit verschrieben haben ist dies ein wichtiges Ziel: transformativer Einfluss auf die zentralen Paradigmen, Prozesse und Produkte unseres Wirtschaftssystems. Einerseits könnten wir hier diskutieren wie tief ein wirkungsvoller Einfluss reichen würde und in wie weit er mit vorherrschender Wirtschaftslogik und einer ökonomisierten Gesellschaft in Konflikt geraten würde. Andererseits und konkret mögen es Verantwortlich wagen neue Zusammenhänge innerhalb bestehender Management- und Geschäftslogiken zu erkunden und so Rückhalt für Neuausrichtungen zu schaffen. Insbesondere wie Aktivitäten im Zusammenhang mit CSR der Organisation auch an anderer Stelle guttun, beispielsweise Abläufe zu verbessern, Wissen zu generieren oder neue Märkte zu erschließen. Es mag sich für Manche unzureichend anhören, stetig einen ‘business case’ für CSR zu entwickeln, aber zumindest innerhalb existierender Logiken ist dies ein Weg Richtung Einfluss und Verankerung – und, wer weiß, auch Transformation.